Bodenarbeit umfasst alles, was Sie mit Ihrem Pferd vom Boden aus machen: das einfache Führen, die Arbeit an der Longe, das Verladetraining, das Gelassenheitstraining, die Bodenarbeit mit Stangen und Pylonen bis hin zu Freiarbeit und Zirkuslektionen wie das Verbeugen oder der Spanische Schritt. Erfahren Sie hier mehr darüber, wie das Pferdetraining Bodenarbeit verbessern kann und welche Rolle Faktoren wie eine optimale Reithallenberegnung oder die Bodenbeschaffenheit dabei spielen.
Die Vorteile von Bodenarbeit
Bodenarbeit liegt im Trend – und dafür gibt es viele gute Gründe.
Vertrauensaufbau
Im Gegensatz zum Reiten ist Bodenarbeit ein Training auf Augenhöhe: Mensch und Tier sehen dabei die Mimik und Körpersprache des anderen, lernen sie lesen und entwickeln so eine besondere Nähe und ein besonderes Vertrauen zueinander.
Abwechslung für das Training
Wildpferde erleben auf ihren langen Wanderungen viele körperliche und geistige Herausforderungen. Mit dem abwechslungsreichen Pferdetraining Bodenarbeit sorgen Sie dafür, dass bei Ihrem Pferd keine Langeweile aufkommt und Motivation und Konzentration erhalten bleiben.
Schonendes Gymnastizieren
Bei der Bodenarbeit fällt das Gewicht des Reiters weg. Daher kann das Pferd vom Boden aus besonders schonend gymnastiziert werden. Bodenarbeit lockert und baut Muskeln auf, verbessert Körperbewusstsein, Koordination und Balance.
Gute Vorbereitung auf das Reittraining
Mit Bodenarbeit machen Sie ein junges Pferd mit den Trainingssignalen vertraut, die später auch beim Reiten zum Einsatz kommen: mit den Sprachhilfen wie Schritt, Trab, Galopp, Zurück sowie den Schenkelhilfen, die am Boden mit der Hand oder der Gerte gegeben werden.
Trainingsmöglichkeit für alte Pferde
Auch wenn Sie Ihr altes Pferd nicht mehr reiten können: Mit Bodenarbeit bringen Sie Abwechslung in das Leben Ihres Oldies und sorgen dafür, dass Muskelkraft, Beweglichkeit und geistige Fähigkeiten länger erhalten bleiben.
Grundlagen der Bodenarbeit
Für die Bodenarbeit benötigen Sie in der Regel nur wenige Ausrüstungsgegenstände: einen Kappzaum oder ein Knotenhalfter, ein Bodenarbeitsseil, eine Longe oder einen Führstrick sowie eine Gerte als verlängerten Arm. Damit Bodenarbeit richtig funktioniert, sollten auch die äußeren Bedingungen stimmen. Wenn Sie die Bodenarbeit beispielsweise in der Reithalle machen, sollte eine Reithallenberegnung vorhanden sein, um zu verhindern, dass beim Training trockener Staub aufgewirbelt wird.
Gute Bodenarbeit berücksichtigt folgende grundlegenden Aspekte:
- Nicht ziehen. Das Seil sollte leicht durchhängen. Die Hinterhand des Pferdes läuft sonst nicht aktiv mit, sondern hinterher.
- Nicht unmittelbar in die Augen schauen. Der direkte Blick in die Augen irritiert das Pferd.
- Kein Streiten. Es geht nicht um eine Kraftprobe, sondern um ein partnerschaftliches Training.
- Geduld haben. Wenn eine Übung nicht funktioniert, gilt: Sich selbst und dem Pferd Zeit lassen und die Aufgabe in kleinere Schritte zerlegen.
- Viel loben. Ob mit der Stimme, durch ein Leckerli oder durch ein Kraulen: Lob ist der Schlüssel zur Motivation. Wichtig: Das Lob muss innerhalb von wenigen Sekunden kommen, damit es richtig zugeordnet werden kann.
Übungen für Bodenarbeit
Pferdetraining Bodenarbeit ist äußerst facettenreich. Lernen Sie hier vier Übungen aus verschiedenen Bereichen der Bodenarbeit kennen.
Führlektion: Rückwärtsrichten
- Stellen Sie sich vor Ihr Pferd.
- Streicheln Sie seinen Nasenrücken.
- Legen Sie Ihre Fingerspitzen ganz leicht auf den Nasenrücken.
- Warten Sie einige Sekunden, ob das Tier einen Ansatz zum Rückwärtstreten macht, zum Beispiel das Gewicht nach hinten verlagert.
- Falls ja, nehmen Sie die Fingerspitzen weg, loben und geben eine kurze Pause.
- Falls nein, erhöhen Sie den Druck Ihrer Fingerspitzen.
- Falls Ihr Pferd in den nächsten Sekunden reagiert und Anzeichen zum Rückwärtstreten zeigt, nehmen Sie den Druck weg, loben und geben eine kurze Pause.
- Falls nein, erhöhen Sie nochmals den Druck. usw.
Den Druck dosieren Sie über vier Stufen: Das Pferd spürt den Druck bei Stufe 1 nur auf dem Fell, bei Stufe 2 auf der Haut, bei Stufe 3 bis auf den Muskel, bei Stufe 4 bis auf den Knochen. Mit der Zeit wird das Pferd lernen, schon auf erste leichte Berührung zu reagieren. Allmählich können Sie die Übung von einem auf mehrere Rückwärtsschritte steigern.
Stangenarbeit: Über eine Stange laufen
Für die Übung brauchen Sie eine Hindernisstange und zwei Cavaletti Blöcke.
- Legen Sie die Stange zunächst ohne Cavaletti Blöcke auf den Boden der Reithalle oder des Reitplatzes.
- Führen Sie Ihr Pferd am leicht losen Seil gerade über die Stange.
- Führen Sie das Pferd schräg über die Stange.
- Führen Sie das Pferd im Zickzack über die Stange.
- Helfen Sie mit Ihrer Körpersprache mit, indem Sie Ihren Körper in die gewünschte Richtung drehen und Ihren Blick dorthin richten, wo Sie mit dem Pferd hinmöchten.
Sie können die Übung variieren, indem Sie die Stangenhöhe mit Hilfe der Cavaletti Blöcke ändern oder eine Seite der Stange höherstellen als die andere.
Gelassenheitstraining: An “gruselige” Dinge gewöhnen
Als Fluchttiere neigen Pferde dazu, auf unbekannte Objekte schreckhaft zu reagieren.
Mit dem Gelassenheitstraining können Sie erreichen, dass Ihr Pferd im Vertrauen auf Sie entspannt auf unbekannte und damit gruselige Dinge reagiert.
Als Gruselobjekte für das Gelassenheitstraining eignen sich zum Beispiel ein Regenschirm, eine Rascheltüte oder ein Flatterband.
- Betrachten Sie gemeinsam mit Ihrem Pferd das Objekt aus der Distanz.
- Führen Sie das Pferd langsam auf das Objekt zu. Sie gehen vorne.
- Bleiben Sie zwischendrin immer wieder kurz stehen, vor allem, wenn Ihr Pferd unruhiger wird.
- Führen Sie das Pferd um das Objekt herum und betrachten Sie es von allen Seiten.
- Berühren Sie das Objekt. Falls Ihr Pferd sich jetzt ebenfalls annähert oder das Objekt gar beschnuppert, loben Sie.
Falls Ihr Pferd sich aufregt und am Strick herumtänzelt: Lassen Sie das zu und bleiben Sie selber immer ruhig und entspannt. Ihr Pferd wird – sofern es Ihnen vertraut – aus Ihrer Gelassenheit den Schluss ziehen, dass alles OK ist.
Zirkustrick: Beine kreuzen
Das Kreuzen der Vorderbeine im Stehen lernt Ihr Pferd in nur zwei Schritten: Mit einer Gerte stellen Sie sich links auf Schulterhöhe neben das Pferd. Berühren Sie mit der Gerte die Hinterseite des linken Vorderbeins Ihres Pferdes, bis es dieses beugt oder gar anhebt. Belohnen Sie die Bewegung des Beines. Wenn das Heben des Beines sicher klappt, folgt der zweite Schritt der Übung.
Sobald das Pferd das linke Bein hebt, lehnen Sie sich leicht gegen seine linke Schulter. Mit dieser Seitwärtshilfe erreichen Sie meistens, dass das Pferd das linke Bein vor das rechte kreuzt und einen Schritt zur Seite macht. Belohnen Sie sofort.
Belohnen Sie nur den ersten Schritt und nur dann, wenn es das linke Bein vor das rechte stellt. Mit der Zeit begreift das Pferd, dass nur das Kreuzen nach vorne gewünscht ist, nur ein Schritt genügt, und es bleibt in der gekreuzten Stellung stehen. Nach vielfacher Wiederholung können Sie auf die Hilfe zum Beinheben verzichten. Das Berühren der Schulter reicht dann als Zeichen aus, damit Ihr Pferd die Beine kreuzt.
Die häufigsten Fehler bei der Bodenarbeit
Damit die Bodenarbeit gelingt, sollten Sie folgende Fehler vermeiden.
Zu wenig Abstand
Bei der Bodenarbeit kommen Sie Ihrem Pferd oft nahe. Wenn Sie vorschnell zu viel Nähe einfordern, verspielen Sie Vertrauen. Gehen Sie auf Abstand, sobald Sie merken, dass das Pferd das möchte. Wenn Ihr Pferd die Erfahrung macht, dass Sie seine Privatsphäre respektieren, wird es von selber Nähe zulassen.
Das Pferd hinter sich herziehen
Wenn Sie am Boden Ihr Pferd hinter sich herziehen, bringen Sie ihm bei, vorwärts zu gehen, sobald etwas an seinem Kopf zieht. Beim Reiten möchten Sie aber das genaue Gegenteil: Wenn Sie die Zügel aufnehmen, soll das Pferd langsamer werden. Dieser Widerspruch verwirrt das Tier. So kann es passieren, dass Ihr Pferd beim Reiten schneller wird, sobald Sie mit den Zügeln einwirken.
Zu wenig Aufmerksamkeit
Wenn Sie Ihrem Pferd bei der Bodenarbeit zu wenig Aufmerksamkeit schenken, stumpft es gegen Ihre Hilfen ab. Konzentrieren Sie sich voll auf Ihr Pferd. So bemerken Sie die ersten Anzeichen, dass Ihr Pferd in die gewünschte Richtung denkt, und können prompt reagieren, das heißt mit der Hilfe nachgeben und loben.
Zu viel auf einmal
Wenn Sie zu viele neue Übungen auf einmal einführen, überfordern Sie das Pferd. Also: Wiederholen Sie Bekanntes und nehmen Sie jeweils nur eine neue Übung dazu.
Fazit
Bodenarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil des Pferdetrainings. Es vertieft die vertrauensvolle Kommunikation zwischen Pferd und Mensch, bringt Abwechslung in die gemeinsame Arbeit und hält das Pferd fit im Körper und fit im Kopf.